Augenverletzungen können alle Strukturen des Auges betreffen, vom Augenlid über die Tränenkanäle, die Bindehaut, Hornhaut oder Netzhaut bis hin zum Augapfel, den umgebenden Muskelsträngen und dem Sehnerv. Sie können in oberflächliche und perforierende (intraokulare) Verletzungen unterteilt werden. Augenverletzungen können durch verschiedene Arten von Unfällen und Fremdeinwirkung verursacht werden, wie das Eindringen von Fremdkörpern, stumpfe Schläge, Schnitte, Hitze und gefährliche Flüssigkeiten. Die häufigsten Augenverletzungen werden durch Fremdkörper verursacht, die bei Freizeitaktivitäten oder durch Verkehrs- und Arbeitsunfälle (meist Metallpartikel beim Schweißen) ins Auge eindringen. Diese Fremdkörper bleiben oft in der Hornhaut oder in der Lederhaut (Sklera) stecken.
Kleinere, durch Wind in das Auge getragene Sandkörner, Insekten sowie Pflanzenteile können sich unter dem Lid verfangen und dann bei jedem Lidschlag über die Hornhaut kratzen und ein Fremdkörpergefühl verursachen. Fremdkörper können außerdem Keime mit sich führen und so Entzündungen im Auge hervorrufen. Prellungen des Auges und Blutergüsse im Augenbereich sind ebenfalls häufig vorkommende Augenverletzungen. Sie entstehen durch einen stumpfen Aufprall, etwa durch einen Tennisball, Squashball, Golfball, durch Sektkorken, Steine (zum Beispiel beim Rasenmähen), Holzscheite (Holzhacken) oder einen Schlag mit der Faust. Ein Bluterguss am Auge kann sich außerdem bei gebrochener Nase oder gebrochenem Schädel bilden. Weitere Ursachen für Augenverletzungen können Verätzungen mit Säuren und Basen sein. Die basischen Verätzungen sind folgenschwerer und führen am häufigsten zu Erblindungen, da die Base schneller durch die Schichten des Augapfels dringt als eine Säure. Stichflammen, heiße Dämpfe oder Gase, kochendes Wasser oder Fett, glühendes Metall, glühende Kohle oder Starkstrom können zu einer oberflächlichen, manchmal tiefen Verbrennung der Augen führen. Durch den Lidreflex bleiben Verbrennungen durch Flammen oder heiße Dämpfe meist auf die Lider beschränkt. Bei Explosionen von Feuerwerkskörpern können zusätzlich Rußpartikel mit einsprengen. Auch Verblitzungen (Keratitis photoelectrica) können die Augen schädigen. Schon ein kurzer Zeitraum, in dem das Auge intensivem ultraviolettem Licht ausgesetzt ist, wie ein ungeschützter Blick in die Schweißflamme, die Höhensonne oder auf sonnenbestrahlten Schnee in großen Höhen, kann zu einem Schaden der Hornhautoberfläche führen. Hornhautabschürfungen können durch Fingernägel, falsch eingesetzte Kontaktlinsen oder einen Zweig entstehen, der beim Spaziergang oder der Gartenarbeit übersehen wurde. Augenverletzungen können auch während der Geburt entstehen. So kommt es bei etwa 25 Prozent der Neugeborenen zu Einblutungen in die Netzhaut, die jedoch innerhalb von sieben bis zehn Tagen selbstständig abheilen.
Oberflächliche Verletzungen betreffen Prellungen sowie Fremdkörper, die lediglich in die Bindehaut oder unter den Lidrand gedrungen sind und relativ einfach ärztlich entfernt werden können. Aber auch Beschädigungen der Augenlider zählen zu den oberflächlichen Augenverletzungen. Wurden Netzhaut, Hornhaut oder sogar der Glaskörper beschädigt, spricht man von perforierenden Augenverletzungen, welche schwerwiegend sind und operativ versorgt werden müssen. Die häufigsten Ursachen für intraokulare Augenverletzungen sind Stiche und Schnitte, etwa durch Glasverletzungen wie ein Brillenglas beim Sturz, explodierende Sprudelflaschen oder durch zerbrechende Windschutzscheiben, sowie Hammer- und Meißelverletzungen. Besonders bei der letzteren Verletzungsart kann zusätzlich ein Fremdkörper im Auge stecken bleiben.
Die Beschwerden bei Augenverletzungen richten sich je nach Ursache und Schwere der Verletzung. Durch die Reizung tränt das Auge jedoch meist, die Bindehaut rötet sich, der Betroffene zwinkert vermehrt und es kommt zu einem Fremdkörpergefühl. Festsitzende Fremdkörper bereiten vermehrt Schmerzen, das Auge rötet sich stark, die Lider schließen sich krampfartig und können anschwellen. Das unverletzte Auge reagiert meist mit. Hornhautabschürfungen etwa führen zu starken Schmerzen, da durch die oberflächliche Verletzung Nervenenden freiliegen, über die das Lid beim Lidschlag streift. Wurde durch stumpfe Gewalteinwirkung der Inhalt der Augenhöhle (Orbita) so stark komprimiert, dass die knöcherne Augenhöhlenwand bricht (Blow-Out-Fraktur), kann dies zu Schmerzen und Doppelbildern führen, besonders, wenn zudem der untere Augenmuskel eingeklemmt wurde. Blutergüsse in der Augenhöhle bereiten starke Schmerzen und können Sehverlust und Doppelbilder mit sich bringen. Bei einer Verblitzung kommt es je nach Stärke der Einstrahlung erst nach drei bis zwölf Stunden zu Beschwerden. Der Betroffene bemerkt ein Fremdkörpergefühl mit Tränen, das in unerträgliche Schmerzen übergehen kann, die zu einem Lidkrampf führen. Netzhautablösungen machen sich anfänglich durch das Sehen von Blitzen und schwarzen Punkten bemerkbar, bei stärkeren Ablösungen kann eine "schwarze Wand" oder ein "schwarzer Vorhang" vor dem Auge erscheinen.
Die Diagnose einer Augenverletzung kann häufig schon über die sichtbaren Verletzungen gestellt werden. Fremdkörper dringen jedoch oft tief ins Auge ein oder sind besonders klein, sodass sie mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind. Prellungen können Blutergüsse am Augenhintergrund hervorrufen, die ebenfalls nicht direkt sichtbar sind.
Häufig ist es schwierig, selbst einzuschätzen, ob es sich um eine schwere oder leichte Verletzung handelt, daher sollte in jedem Fall bei einer Verletzung des Auges ein Augenarzt aufgesucht werden. Die Prognose der Augenverletzung hängt vom Schweregrad ab. In den meisten Fällen handelt es sich um leichte Verletzungen, die ambulant behandelt werden können oder selbstständig abheilen. Etwa 15 Prozent der Fälle sind jedoch schwere Verätzungen oder Verletzungen des Augapfels, die Komplikationen bis hin zur Erblindung nach sich ziehen können. Daher werden die Augen (das verletzte Auge sowie das unverletzte Auge) neben der oberflächlichen Betrachtung und der Aufnahme des Unfallhergangs mit verschiedenen Verfahren untersucht. Unbehandelte Augenverletzungen können Narben zur Folge haben sowie Hornhauttrübungen und dauerhafte Sehstörungen. Wird eine Augenverletzung schnell versorgt, bleibt das Sehvermögen jedoch in den meisten Fällen erhalten.
Um das Auge öffnen und untersuchen zu können, werden zunächst schmerzstillende Augentropfen verabreicht. Anschließend werden verschiedene Funktionen des Auges überprüft, wie Lidschluss, Augenbeweglichkeit, Augenstellung, Sehschärfe, Augeninnendruck, Gesichtsfeld, Pupillenfunktion und Sensibilität. Bei Prellungen wird insbesondere der Kammerwinkel untersucht sowie – bei geweiteter Pupille – das Augeninnere. Der Kammerwinkel befindet sich zwischen Hornhaut und Iris und dient dem Abfließen des Kammerwassers, welches kontinuierlich durch das Auge fließt. Ist der Fluss gestört, etwa durch eine Schwellung des Gewebes, können sich Glaukome bilden. Eintrittswunden und Fremdkörper können mit Fluoreszenztropfen und dem Spaltlampenmikroskop sichtbar gemacht werden. Verletzungen des Sehnervs etwa können über eine fehlerhafte Pupillenreaktion erkannt werden. Auch eine Computertomographie (CT) der Augenhöhle und des Kopfs können Aufschluss über Verletzungen des Sehnervs sowie über tief sitzende oder kleine Fremdkörper geben. Blutergüsse (Hämatome) lassen das Auge hervortreten, die Beweglichkeit ist eingeschränkt und der Augeninnendruck häufig erhöht. Blutungen sowie tief eingedrungene oder besonders kleine Fremdkörper können mit einer Ultraschalluntersuchung entdeckt werden.
Die Therapie einer Augenverletzung richtet sich nach ihrer Art und Schwere. Oberflächliche Verletzungen können meist ambulant versorgt werden oder heilen selbstständig ab. Fremdkörper können durch Umklappen des Lids meist leicht entfernt werden, wenn sie nicht bereits durch den Schutzmechanismus des Auges (Lidschlag, Tränenfilm) ausgeschwemmt wurden. Oberflächlich sitzende Fremdkörper können vom Arzt außerdem mit einer Lanzette abgehoben werden. Feine Splitter, die nicht tiefer als in die Bindehaut eingedrungen sind, werden mit einem feinen Bohrer entfernt. Man sollte nicht selbst versuchen, größere Fremdkörper wie Splitter aus dem Auge zu entfernen, da dies das Auge noch mehr verletzen kann. Prellungen können alle Strukturen des Auges betreffen. Sie können zu Linsentrübungen, Blutungen im Auge, Entzündungen, einem Anstieg des Augeninnendrucks und einer Netzhautablösung führen. Prellungen, die sich nur oberflächlich auswirken ("blaues Auge", Einblutungen in die Bindehaut, aber nicht weiter ins Auge hinein), heilen selbstständig ab. Kalte Kompressen können die Heilung beschleunigen. Verschiedene Komplikationen können nach einer Prellung erst nach Jahren auftreten, wie etwa eine Augeninnendruckerhöhung, eine Netzhautablösung oder eine Linseneintrübung, sodass nicht nur im Akutfall eine augenärztliche Untersuchung nötig ist, sondern auch regelmäßig über Jahre nach der Verletzung. In den meisten Fällen handelt es sich bei Prellungen jedoch um oberflächliche Augenverletzungen, die selbstständig abheilen. Bei sehr starker Gewalteinwirkung kann außerdem die Augapfelwand einreißen. Augen mit vorangegangenen Operationen, wie beispielsweise eine Operation des Grauen Stars sowie vorgeschädigte Augen sind besonders gefährdet. Oberflächliche Schnitte oder Risse verheilen selbstständig oder können mit feinen Stichen genäht werden. Bei Verletzungen am Lid ist häufig auch der angrenzende Tränenkanal verletzt. Dieser kann mit einem kleinen Silikonschlauch geschient und die Lidwunde darüber genäht werden. Der Schlauch verbleibt drei bis sechs Monate und wird anschließend entfernt. Auch Risse in der Bindehaut werden – soweit keine darunter liegenden Strukturen betroffen sind – genäht. Hornhautabschürfungen verheilen meist selbstständig. Antibiotische und desinfizierende Augensalben sowie ein Augenverband können die Heilung unterstützen. Bei Verätzungen müssen noch am Unfallort Sofortmaßnahmen erfolgen. Das Auge muss gespült werden, am besten mit der so genannten Ringerlösung (isotonische Kochsalzlösung), ansonsten mit Leitungswasser. Hier ist zu beachten, dass Löschkalk nicht mit Wasser gespült werden darf! Große Partikel sollten entfernt und das Auge abgedeckt werden. Die weitere Versorgung erfolgt im Krankenhaus. Perforierende (intraokulare) Verletzungen müssen schnellstmöglich operativ versorgt werden. Dies erfolgt meist unter Vollnarkose. Da eindringende Keime schwere Entzündungen im Auge hervorrufen können, wird anschließend mit Antibiotika behandelt. Bei Blutergüssen (Hämatomen) in der Augenhöhle steigt häufig der Augeninnendruck bedenklich an. Intravenös verabreichte Medikamenten senken den Druck – in seltenen Fällen muss durch einen Schnitt am Lidrand Platz für das sich ausbreitende Blut geschaffen werden. Verletzungen des Sehnervs werden zunächst mit hoch dosierten Kortisonpräparaten behandelt, damit der Sehnerv abschwillt. Nehmen die Beschwerden weiter zu, muss der Neurochirurg eine Operation, durch die der Sehnerv entlastet wird, durchführen. Durch Prellungen, Schnitte oder eindringende Fremdkörper kann die Linse verletzt oder verschoben werden. Bei schweren Verletzungen werden Linse und Linsenreste operativ entfernt und eine Kunstlinse eingesetzt. Ebenso kann bei größeren Hornhautschäden eine Hornhautverpflanzung nötig sein. Netzhautschäden können häufig per Laserbehandlung behoben werden. Sind Fremdkörper bis in den Glaskörper des Auges vorgedrungen, muss dieser ausgeräumt werden (Vitrektomie).
Im Verlauf von intraokularen Verletzungen kann es zu erheblichen Komplikationen bis hin zur Erblindung kommen. Ist der Augapfel betroffen, kann der Innendruck sinken, es kann zu Hornhautverkrümmungen und Linsentrübungen kommen. Verschleppte Keime können schwere Entzündungen hervorrufen sowie eitrige Abkapselungen (Abszesse). Im Verlauf kann zudem der Sehnerv geschädigt werden. Seltene aber teils schwerwiegende Folgen von Augenverletzungen können sein: Fehlstellungen der Augenlider (Ektropium, Entropium) sowie der Augäpfel, Schielen, Doppelbilder, erhöhter/verminderter Augeninnendruck, Linsentrübungen, Einschränkung von Lidschluss, Augenbewegung, Pupillenöffnung und Akkommodation durch verletzte Muskeln und Nerven, Kopfzwangshaltungen, Bindehautentzündungen und Hornhautentzündungen durch Keimverschleppung, Glaskörperveränderungen, Netzhautablösung, Beeinträchtigung des Sehnervs durch darauf drückende Schwellungen, Grüner Star (Glaukom) durch Prellung und Stauung des Kammerwassers im Kammerwinkel.
Sie können einigen Augenverletzungen durch einfache Maßnahmen vorbeugen. So können z.B. Verblitzungen durch Tragen angemessener Schutzbrillen bei Schweißarbeiten, durch Beachten von Unfallverhütungsvorschriften am Arbeitsplatz, durch Tragen funktionsfähiger Sonnengläser bei starker Sonneneinstrahlung sowie auf Schneefeldern und durch Vermeiden des direkten Blickes in die Sonne (auch bei Sonnenfinsternis) vermieden werden.